Bjelasica - Trail
Am ersten Wochenende im August ist wieder Sport in Kolašin angesagt: der Bjelasica-Trail steht an. Bjelasica ist eine Bergkette und Teil des Nationalparks Biogradska Gora. Der höchste Gipfel ist der Crna Glava mit immerhin 2.139 m Höhe. Auf dieser Bergkette liegt auch das Skigebiet, welches sich unmittelbar an Kolašin anschließt und wo ich voraussichtlich meine ersten Skierfahrungen sammeln werde. Bis dahin dauert es aber noch eine Weile, im Moment liegen nur noch ganz versteckt kleine Schneefelder auf den Bergen. Zurück zum Rennen: Die Teilnehmer können zwischen drei verschiedenen Distanzen wählen. Angefangen mit dem Familienlauf über eine Distanz von 10 km bis zur Königsdisziplin, dem Marathon. Wir haben uns für die goldene Mitte entschieden. 21 km in 6 Stunden ist für uns sportlich aber nicht unrealistisch.
Wir haben uns natürlich den Trail vorher angesehen und beschlossen, den ein oder anderen Probelauf zu machen. Das Höhenprofil war gruselig - 1100 m Höhe auf den ersten 9 Kilometern. Bergauf bin ich nicht die Schnellste, vor allem nicht, wenn es steil wird. Der Plan war also die ersten Kilometer durchhalten und dann auf dem Plateau die Zeit wieder gut machen. Rechnerisch alles machbar, auf ebener Strecke sind wir immer recht schnell unterwegs. So viel zu Überlegungen auf der Couch mit einer leckeren Tasse Kaffee in der Hand.
Jetzt aber zur Realität: wir sind an einem Sonntag morgen froh gelaunt gestartet und eines vorweg: der Weg ist traumhaft schön! Die ersten Kilometer führen durch einen uralten Wald in kleinen Pfaden immer weiter bergauf. Wir haben Bäume gesehen, die älter waren, als wir uns vorstellen konnten. Als Teil des Nationalparks ist die Natur hier vollkommen unberührt.
Anstrengend war es trotzdem, weil es zum einen teilweise sehr steil ist und wir immer wieder den kleinen Pfad suchen mussten. Es ist kein deutscher Wanderweg und die Beschilderung ist sagen wir ausbaufähig, aber dafür gibt es ja GPS. Irgendwann waren wir aus dem Wald heraus und vor uns lagen Bergwiesen, die ebenfalls überraschend steil waren, inzwischen wurde es auch immer wärmer und wir stapften weiter Schritt für Schritt hoch. Mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit von knapp 2 km/h sind wir oben angekommen. Wir haben eine Pause gemacht und den Ausblick genossen. Von hier hatten wir einen wunderschönen Ausblick über Kolašin bis nach Lipovo hinein.
Und jetzt sollte es ja auch einfacher gehen, immerhin mussten wir die nächsten Kilometer nur noch auf unserer Höhenlinie bleiben und bis zum Skigebiet laufen. Das mit der Höhenlinie stimmt auch einigermaßen. Allerdings wurde der Weg immer abenteuerlicher. Wir haben uns tatsächlich jeden Meter hart erkämpft. Vor uns lagen eine schmale Gratwanderung, die mit meiner Höhenangst nur bedingt vereinbar war, und eine Traverse an einer Bergwiese, die extrem steil und hoch bewachsen war. Es war traumhaft schön, hat uns aber alles abverlangt, die Sonne war auch keine Hilfe. Es war inzwischen viel später, als wir eingeplant hatten. Belohnt wurden wir allerdings mit immer wieder schönen Aussichten und dem guten Gefühl, was wir hier alles schon geschafft hatten.
Den Trail und irgendwelche Zeitlimits hatten wir schon längst abgeschrieben und stattdessen die Umgebung gemütlich erkundet. Wir haben Rast gemacht an einer kleinen Kapelle, die hier mitten auf dem Berg steht. Hier gab es tatsächlich so etwas wie eine Straße, eine echte Erleichterung für ein kleines Stück.
Das Gipfelkreuz hat die besten Zeiten schon hinter sich gehabt, aber für ein Bild musste es dennoch herhalten.
Der schönste Weg hat leider oder manchmal auch zum Glück immer ein Ende. Nachdem wir endlich wieder in Kolašin waren, haben wir uns erst einmal eine kalte Cola und eine Pizza gegönnt. Wir konnten unseren Geschwindigkeitsrekord von 2 km/h nicht mehr erhöhen, daher ist es vollkommen utopisch für uns, diese Distanz in 6 Stunden zu schaffen, aber Spaß hat es gemacht und schön war es auch. Wir haben den größten Respekt vor allen, die den Trail laufen werden. Unsere Startnummern habe ich wieder frei gegeben und zwei andere Teilnehmer haben sich geferut. Dafür werde ich am Tag des Rennens mithelfen und Startnummern austeilen, vielleicht auch noch zu einem der Versorgungspunkte fahren. Teil des Rennens bin ich daher doch, aber eine Urkunde muss ich mir selbst ausstellen: immerhin bin ich den kompletten Grat gelaufen und das mit mehr als wackeligen Knien, wir haben uns über Kilometer jeden einzelnen Schritt erkämpft und geschafft! Darauf sind wir stolz und darauf kann auch jeder stolz sein, der diesen Trail läuft.





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